Mittwoch, 10. September 2014

Unser erstes Festival in Indien


Anlässlich des Ganesha Festiva war Folgendes geplant: mittwochmittags mit unserer Mentorin Shruthi zu ihrer Familie fahren um dort zu feiern. Doch unsere Hoffnungen wurden zerstört...

...als uns Shruthi kurzfristig zur Police Station brachte, da wir ohne unsere Registrationspapiere den Distrikt Hassan nicht verlassen dürfen, ergo nicht die Familie besuchen dürfen. Die freundliche Lady hinter dem Schreibtisch erklärte Shruthi, dass es wahrscheinlich nicht möglich sei unseren Permission-Letter rechtzeitig fertig zu stellen. Doch sie tue was sie könne. Also fuhr Schruthi alleine und ließ uns sehr enttäuscht und ohne Hoffnung zurück. Gegen Nachmittag rief Shruthi Mounesh an, ein weiteres Staffmitglied der Child line. Wir sollten so schnell wie möglich zum Police Office kommen, der Letter sei doch schon fertig. Nach einer Unterschrift und vielen Dankeschöns hielten wir unsere Registrierung endlich in den Händen. Da hatte sich die indische Polizei doch mal anders verhalten als wir erwartet hatten. Hiermit entschuldigen wir uns für jegliche Hasstiraden.


Glücklicherweise musste Mounesh (der natürlich wie jeder Inder zu Festivals zu seiner Familie fährt) in dieselbe Richtung wie wir, also konnten wir mit ihm Shruthi hinterher fahren. Zum ersten Mal Zugfahren. Aber so krass hatten wir es uns nicht vorgestellt. Die vorderen Zugabteile waren so vollgestopft, dass die Leute fast aus den Türen fielen. Weiter hinten befanden sich die Schlafwagen, für die man eine Reservierung braucht. Mounesh bezahlte dem Kontrolleur Schmiergeld, damit wir auf dem Boden eines Schlafabteils sitzen durften. Shruthi holte uns dann mitten in der Nacht vom Bahnhof ab und brachte uns ins Haus ihrer Familie.

Am nächsten Morgen hatten wir die erste warme Dusche seit wir in Indien sind, denn im Bad des Hauses befand sich ein Wasserbecken, das mit Feuer beheizt wird. So warm kriegt das unsere Solarplatte in Prachodana nie hin.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Bus zum Haus der Familie mütterlicherseits. Die Familie des Vaters darf drei Jahre keine Feste feiern, da letztes Jahr ein Familienmitglied gestorben ist.
Bei der Ankunft waren wir zuerst geschockt. Die Familie lebt im tiefsten Dorf und die Häuser haben höchstens ein Fenster, sind also total dunkel und wir fanden sie nicht sehr einladend. Uns fiel auf, dass jeder indische Haushalt einen Fernseher besitzt, der auch fast rund um die Uhr benutzt wird. Am Nachmittag und Abend halfen wir dabei in der gemütlichen Küche  das Essen und Süßigkeiten für den nächsten Tag vorzubereiten. Indische Süßigkeiten sind soo lecker! Wir mussten uns die Rezepte aufschreiben.

Am nächsten Morgen packte die Familie eine große Lunchbox voll Essen in den Anhänger des Traktors und wir fuhren los. Die gesamte Familie und wir zwei saßen im Anhänger des Traktors. Wir dachten jetzt geht es vielleicht in die Stadt, einen Umzug anschauen, erwarteten eine große geschmückte Ganesha-Statue und tanzende Menschen. Stattdessen fuhr Shruthis Bruder den Traktor auf die Palmenplantage der Familie. Wegen dem ständigen Regen war es extrem matschig. Die Frauen bereiteten dort eine Puja vor. Uns kam es etwas komisch vor, dass sie alles aufbauen und schmücken und dann wenn sie fertig sind sofort alles wieder abbauen. Einen Moment verweilen und sich alles anschauen, gab es nicht. Stolz zeigten uns die Brüder Shruthis noch ihre Reisfelder. Als dann die Kuhfladen fertig verbrannt und mit ihnen einmal ums Grundstück gelaufen war, fuhren wir wieder zurück ins Haus.

Dort gab es dann richtig leckeres Essen, man aß auch das Mitgenommene, das bei der Puja gesegnet worden war. Ähnlich zu unserer Osternacht, dachten wir uns. Den Rest des Tages verhielten wir uns typisch indisch und taten außer Fernsehen, essen bei zwei Nachbarsfamilien und zwei Tempel besuchen gar nichts. Am Abend wollten wir nicht mal mehr Dinner, was Shruthis Mutter überhaupt nicht einsehen wollte. Uns fiel auf, wie viel es den Familien offenbar bedeutete, dass wir sie besuchten. Oft hörten wir den Satz „Thank you for coming to my home.” Diese herzliche Gastfreundschaft finden wir sehr schön. Auch die indische Mentalität, dass man stolz auf sein Haus ist und deshalb gerne Gäste bei sich aufnimmt könnte es, wie wir finden, in Deutschland öfter geben.

Der Sonntag hielt uns den Kontrast von Stadt- zu Landleben vor Augen. Früh morgens machten wir uns auf den Weg nach Chitradurga.  Wir besuchten dort mit zwei sehr netten Schulfreundinnen  Shruthis noch das Fort. Die beiden luden uns ebenfalls zu ihren Familien ein. Hier lernten wir das Stadtleben kennen. Das gefiel uns schon besser als im Dorf, die Familien lebten in hellen, freundlichen, sehr westlichen Wohnungen. Und natürlich wollten sie uns gar nicht wieder gehen lassen. Da wir sowieso den Bus verpasst hatten, mussten sie das auch nicht. So blieben wir noch bis zum nächsten Morgen und erlebten am Abend einen Ganesha-Umzug mit. Die Inder sind eindeutig ein tanzwütiges Volk, weswegen sie restlos begeistert waren, als wir uns in die Menge begaben und jeder mit uns Tanzen wollte.
Zwei Tage später zeigte sich, wie besonders es die Bewohner von Chitradurga fanden mit zwei weißen Mädchen ihr Festival zu feiern: Wir wurden offenbar gefilmt und kamen in den regionalen 7-Uhr-Nachrichten vor.

Unser erstes Festival in Indien hielt von regenreichen Tagen mit viel Essen auf dem Dorf bis zum Leben und feiern in der Stadt, alles bereit. Wir hoffen, wir konnten euch einen guten Überblick verschaffen und freuen uns schon auf unser nächstes Fest.

(Die Bilder zu diesem Post findet ihr im zugehörigen Galerie-Ordner "Ganesha Festival")


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